Worte vom Urvertrauen: Der Herr ist mein Hirte …
Predigt für den Sonntag Misericordias Domini, 15. April 2018
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Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße
um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit
werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben
im Hause des HERRN immerdar.
Psalm 23
GANZ am Anfang sind wir, siehst du.
Wie vor Allem. Mit
Tausend und einem Traum hinter uns
Ich kann mir kein seligeres Wissen denken,
als dieses Eine:
dass man ein Beginner werden muss.
Einer der das erste Wort schreibt hinter einem
jahrhundertelangen
Gedankenstrich.
Rilke
Gedichtworte für das Erstwort aus dem ersten Wort,
für das Erstwort aus der Herzwahrheit Gottes,
das da in uns geschieht – geschehen kann –
im Angesicht dieses Zuspruchs von Sein:
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“-
Nimm diese paar Worte
mit ihrem Vermögen aus Gott, dem Schöpfer aller Ding…
Werde Beginnerin, Beginner aus der Osterfreude.
Immer sind wir am Anfang.
Wie vor Allem
Wir dem Ende voraus:
Voraus allem Vernichtenden
Dem Ende des Wals, der starb, weil er 29 Kilogramm Plastik verschluckt hat
Dem Ende der sterbenden Kinder in Syrien.
Dem Ende der Opfer des Protestes in Venezuela.
Den Nachricht der Schrecken voraus
In der Absicht
Unendlich zu vertrauen.
Vertrauen wie nie
Mit ein paar Zeilen
Ich nehme sie, kannst Du sagen
in mein ganzes Leben
in meine Fragen,
meine Zweifel,
in mein Wollen und in mein Vollbringen,
in mein Versagen und in mein Glück
Ich geh meinen Weg mit dem Wegespruch
Diese Weltworte nehme ich
in den Grund meiner Seele
aus der Kraft und der Gnade dessen,
der mich weiß
und der mich darum geschaffen hat –
der mich bewegt,
jeden Tag und jede Nacht
und hier und dort
im Leben davor und im Leben danach
der meine Seele formt nach seinem Bild
der mich wieder und immer
aus meinem Nichtsein erlöst
und der sagt, dass ich sei:
Sei Du! Geliebte, sei Du Geliebter…
Vertraue Dich nur an
Denn Du wirst geführt
in diesem Deinem Leben
von dem Einen, der den Weg weiß für Dich
Du wirst geführt alle die Wege
an das Ewige heran
Dorthin führen Deine Schritte
Alles Verlorene und Verlierbare wird mit einem geheimen Bildnis versehen
und die Herde von Anbeginn versiegelt,
so auch jetzt und heute und hier –
wir werden versehen mit einem Versprechen
von Heimat
und Herkunft
und Künftigkeit
und Sinn
Ja, Wortgeheimnis aus der Gottesliebe.
Zum Augenblick sind wir zu Hause in ein paar Worten
in dieser undeutbaren, gedeuteten Welt.
Wenn Peter Handke sagt,
„Das Poetische ist das Weltumfassende“,
dann ist es wahr in diesem Gedicht von Gottes Hütekraft,
die an Dir wirkt!
Ein Psalm bringt uns zurück in das, worin wir einmal schon waren,
wohin es uns zieht von jeher und immer.
Ich glaube dass wir die Urworte,
die Worte vom Urvertrauen brauchen – immer mehr.
Ich glaube, dass es die eine Wahrheit gibt die uns trägt
Und ich glaube, dass wir geführt werden durch alles hindurch
Das Herz der Welt kommt in unsere Erfahrungen
in all dass, was wir hierorts Zufall nennen oder sinnlos und leer.
Bei uns lernen die Konfirmandinnen und Konfirmanden diesen Psalm auswendig.
Und das ist gut und wichtig!
Psychische Erkrankungen nehmen in der gesellschaftlichen Entwicklung
seit Jahren zu.
„Die Jungen haben kein Leben mehr“,
sagt der FC Zürich Trainer Ludovoc Magnin,
„Nur Fussball und Schule.
Doch die Persönlichkeit entwickelt sich außerhalb dieser zwei Gebiete.
Die Jungen können sich nichts mehr erlauben,
überall sind Handys, sofort kursieren Bilder.“
Der 23. Psalm ist, finde ich, ein Mittel
gegen das erdrückend Depressive und gegen die Angst.
Befreiendes Gegenbild, Heilendes auch in der Religion…
„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“-
Diese wenigen Worte …
Augenblicke, die Dich verwandeln,
in denen Gott sich Dir anverwandelt,
Du Geliebter, Du Geliebte
Du sollst wissen: ich werde liebend gewusst.
Gott sagt mir etwas, das höher ist als alle Vernunft.
Höre die Botschaft und glaube sie…
Und wir gehen doch alle die Wege
als folgten wir der Spur unsres Versprechens aus der Ewiggüte:
Das Sprachbild ist in die Seele gezeichnet.
„Das Poetische ist das Weltumfassende“
Das Gedicht von Gottes Hütekraft
liegt in Dir als ein immer schon Verstandenes.
Es zeigt ein Bild, in dem keiner spricht
Sondern in dem nur ein Wesen ist – ein Wesen, das über allen Wesen ist.
So einfach, so klar und gerade darum weltumfassend
und Dich einschließend ins Bild,
in sein Neues Sein:
Und es gilt Dir und Deinem kranken Nachbarn auch
Du kannst auch denken: Der Herr ist Dein Hirte!
„Wie können wir wieder lernen“ fragt Joan Baez vor ihrer Abschiedstour,
„mitfühlend und empathisch zu sein,
denn Empathie wird … derzeit totgetrampelt?
Es ist so widerlich.
Und tatsächlich schrumpft schon der Teil unseres Gehirns,
der für Empathie zuständig ist.“
In uns nickt es.
Arno Grün analysiert:
Der Verlust des Mitgefühls entsteht,
weil der Mensch von Anfang an lernt:
Kampf und Konkurrenz sind die Triebkräfte des Daseins.
Kinder lernen Feind-Denken.
Andere Bewusstseinszustände werden als naiv eingestuft,
als unrealistisch, als schwach.
Empathische, dem Menschen zugewandte Wahrnehmungen
werden unterdrückt und unser Bewusstsein wird auf
abstrakte kognitive Ideen, über das,
was Realität ist, reduziert.
GANZ am Anfang sind wir, siehst du.
Wie vor Allem. Mit
Tausend und einem Traum hinter uns
Ich kann mir kein seligeres Wissen denken,
als dieses Eine:
dass man ein Beginner werden muss.
Also fange an!
Der Hirte ist mit Dir.
Immer! Er ist Dein ImmerDa!
+ Amen