Predigt über 1.Kor 1,4-9
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Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen
für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus,
dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid,
in aller Lehre und in aller Erkenntnis.
Denn die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden,
so dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe
und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus.
Der wird euch auch fest erhalten bis ans Ende,
dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus.
Denn Gott ist treu,
durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus,
unseres Herrn.

Liebe Gemeinde

„Wer treu ist, wird im Frühlicht heimgeführt“.
Das geht mir schon lange durch die Seele …
Dieser schöne Satz der Ingeborg Bachmann könnte gelten
als Überschrift, Leuchtüberschrift über der Frage:
Wie soll ich mein Leben führen
und wohin soll mich mein Leben führen?

Ein wunderbares Versprechen liegt in den wenigen Worten der Dichterin,
dass nämlich die Treue ein Seelenschatz,
der gelebt durch alle die Zeiten eines Lebenslaufes
immer wieder und je den Gottesgrund alles und auch meines Seins auf- und einleuchten lässt.
„Wer treu ist, wird im Frühlicht heimgeführt.“

Es ist aber ja nun nicht die Treue an sich,
sondern das, wovon Paulus hier spricht,
es ist das gelobende Bekennen,
es ist wie das Gelöbnis der einen Freude, zu Gott zu gehören.
Denn, so weiß Paulus: die Predigt von Christus ist in euch kräftig geworden,
so dass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe“!

Darum gefällt mir der aufgeschnappte Satz in facebook so gut:
„Beginne jeden Tag, als wäre es Absicht“.

Echt jetzt: Machen Sie das? Machst Du das? Mache ich das?
Ich hatte noch überlegt,
ob ich so frage: Tun Sie das? Tust Du das? Tue ich das?
Aber mir saß schon der Macher im Hinterkopf – und das Machertum,
welches das Tun und alles Tunlichste vertreibt.
Das Tunlichste, ist das, was vertretbar ist und einen Wert darstellt, scheint mir …

„Beginne jeden Tag, als wäre es Absicht“.
Machst Du das?
Wir stimmen darüber ab. (Niemand hat sich gemeldet :-))

Oft leben wir so erschreckend unabsichtlich …

Dazu passt, was Johannes Huber sagt:
„Seit Jahrzehnten hat die Moderne ihren Akzent auf das Diesseits gesetzt
und damit der Auffassung zugestimmt,
das Leben sollte in seiner Immanenz reichlich aufgefasst werden,
um alles, was vormals in der Transzendenz untergebracht war,
im Diesseits anzusiedeln
und somit der Erde treu zu bleiben – und auf ihr zu konsumieren.
Die Erhebung des Konsums zum, Maß aller Dinge gleicht einer Investitur –
einem Eintrittsschein in die Neue Zeit,
wie es der Philosoph Peter Sloterdijk diagnostizierte.

Und so werden in den Menschenkörpern der wohlhabenden Hemisphären
ständig mehr Fettresereven aufgebaut,
als je durch Bewegungspriogramme und Diäten abgebaut werden können.
Und aus diesem Konsum  werden weltweit mehr Abfälle generiert,
als sich in absehbarer Zeit in einem Recycling-Prozess resorbieren lassen.
Es ist eine zügellose Steigerung des Konsumierens –
nicht non plus ultra,
sondern plus ultra oder
„die Routine der täglichen Ausschweifung in den Großkaufhäusern“ (P. Bruckner.)

Und da reißt man mit Freuden alle Brücken zu Transzendentalen ab.
Man braucht deren Existenz nicht mehr, man bleibt der Erde treu“ …

Und verbringt Tage und Nächte einer sich allgemein sich breit machenden trostlosen Seltsamkeit,
aber wir sind ja im Gespräch mit Siri oder Alexa, der neuen Freundin:
Alexa:

  • Dimme das Licht im Wohnzimmer auf 20 Prozent.“
  • „Schalte die Kaffeemaschine ein.“
  • „Schalte den Ventilator auf 75 Prozent.“
  • „Schalte die Außendekoration ein.“
  • „Stelle die Haustemperatur auf 20 Grad.“
  • „Senke die Temperatur im Schlafzimmer.“
  • „Schalte Filmezeit ein.“
  • „Schalte Energie ins Wohnzimmer ein.“

Ich stehe voll auf Transzendenz.
Das ist mein Bekenntnis.

„Lichtpartikel
atme ich ein
pausenloser Anteil
an deinem All
bis ich sehe
Licht zu Licht
höre
Tausendklang
himmlische Vereinigung
Jubel
aus sich selbst
heilig
heilig
heilig“ Hildegard Aepli

Das ist doch auch in der Welt!

Ich glaube an Gott, der geschieht
Und an eine Kirche, wenn sie der mystische Leib dessen ist,
auf den wir warten in jeder Figur des Daseins.
Da kann sie ruhig auf einsamem Posten stehen,
hat sie doch alleine Bestand in der Treue Gottes zu allem lebendigen, lernenden, liebenden Leben auf dieser Erde.

Ein Lied von Mario Hené geht mir so oft durch die Seele,
das wollte ich immer einmal in einem meiner späten Gottesdienste einspielen,
heute zu meinem letzten offiziellen in der Lutherischen Stadtkirche will ich es gerne tun:

Frag‘ nicht woher ich gekommen bin
Frag‘ nicht wohin ich morgen geh‘
Nimm mich hin, wie im Frühling die Blumen
Wie im Winter den Schnee

Frag‘ bitte nicht wonach ich suche
Frag‘ mich nicht nach meinem Ziel
Morgen Früh wird die Sonne uns wecken
Vielleicht weißt du dann, was ich will

Mag sein, dass wir gemeinsam gehen
Nur ein Stück oder mehr
Vielleicht werden wir uns verstehen
Mich zu versteh‘n ist schwer

Einsamkeit ist der Preis meiner Freiheit
Ich möcht‘ sie trotzdem nicht verlier‘n
Lieber allein, als gemeinsam einsam
Voll Zufriedenheit zu frier‘n

Vielleicht werd‘ ich dich wieder verlieren
Es wäre nicht das erste Mal
Ich werd‘ es trotzdem wieder probieren
Manchmal wird Hoffnung zur Qual

Doch mir ist‘s lieber, allein zu sein
Als mich selbst aufzugeben
Wenn ich auch hier noch resigniere
Hab‘ ich nichts mehr zu vergeben

Einsamkeit ist der Preis meiner Freiheit
Ich möcht‘ sie trotzdem nicht verlier‘n
Lieber allein, als gemeinsam einsam
Voll Zufriedenheit zu frier‘n

Doch Gott ist treu,
durch den wir berufen sind zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus,
unseres Herrn.

Verlasse Dich darauf:
Wer treu ist, wird im Frühlicht heimgeführt.

+ Amen.