DAS PREDIGTWORT:

Und es kam zu ihm ein Aussätziger, der bat ihn,
kniete nieder und sprach zu ihm:
Willst du, so kannst du mich reinigen.
Und es jammerte Jesus,
und er streckte seine Hand aus,
rührte ihn an und sprach zu ihm:
Ich will’s tun; sei rein!
Und alsbald wich der Aussatz von ihm,
und er wurde rein.
Und Jesus bedrohte ihn und trieb ihn alsbald von sich
und sprach zu ihm:
Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst;
sondern geh hin und zeige dich dem Priester
und opfere für deine Reinigung,
was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.
Er aber ging fort und fing an,
viel davon zu reden
und die Geschichte bekannt zu machen,
sodass Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine
Stadt gehen konnte;
sondern er war draußen an einsamen Orten;
und sie kamen zu ihm von allen Enden.

DIE PREDIGT:

Wie sehr ich diesen Sonntag liebe,
den 14. Sonntag nach Trinitatis.
Seine Botschaft, dass wir heil werden sollen
Und kommen werden ins große wunderbare Ganze
heim ins Herz der Welt …
Und singen will ich immer von dieser Freude an diesem Sonntag
das Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren.
Es ist eines meiner Lieblingslieder.
Denn in mir klingt die Stimme meiner lieben Mutter,
die es sang neben mir in der Kirche
mit einem samtenen Klang, tief und leicht zugleich,
der ihr eigen war und ihr Wesen so gut zeichnete.
Wir kennen doch die Sehnsucht
– und sie treibt uns durch alle Gefilde des Daseins,
die Liebe, das Leben, das Leiden, die Arbeit, die Kraft, die Ruhe,
das Versagen, das Finden hier auf Erden –
die Sehnsucht, gefunden zu werden
als die, die ich bin
der, der ich bin
in meinem Sein, das mir zugedacht ist.
Es gibt ein paar Worte von Dorothee Sölle, die durch die Jahrhunderte rufen
wie Gedanken von Martin Luther:
„Der Wunsch ganz zu sein:
Wonach sehnen sich Menschen?
Es ist der Wunsch, ganz zu sein,
das Bedürfnis nach einem unzerstückten Leben.
Das alte Wort der religiösen Sprache »Heil«
drückt genau dieses Ganz-Sein, Unzerstückt-Sein, Nicht-kaputt-Sein aus…
Es ist zugleich der Wunsch nach einem Leben ohne Be
rechnung und ohne Angst,
ohne äußere oder bereits verinnerlichte Erfolgskontrolle,
ohne Absicherung,
vertrauen können, hoffen können, glauben können.
Alle diese Erfahrungen sind mit einem intensiven Glücksgefühl verbunden,
und eben um dieses Glück des Ganz-Seins geht es in
der Religion …
Religion ist der Versuch,
nichts in der Welt als fremd, menschenfeindlich, schicksalhaft, sinnlos anzunehmen,
sondern alles, was begegnet, zu verwandeln,
es einzubeziehen in die eigene menschliche Welt.
Alles soll so gedeutet werden,
dass es »für uns« wird.“
Hört ihr hier Luther durch?
Sein Pro nobis
Das Ende seiner Freiheitsschrift?
Hört Ihr es?
„Religion ist der Versuch, keinen Nihilismus zu dulden
und eine unendliche (endlich nicht widerlegbare) Be
jahung des Lebens zu leben.“
Von dieser unendlichen (endlich nicht widerlegbaren) Bejahung
spricht uns das Wort von dem Aussätzigen
und ruft in eine vernichtende Marktschreierpolitik
hinein
mit ihrer Lügenhetzhassrede:
Vertraue Dich dem Glück des Jesus von Nazaret an,
der die Sehnsucht des Ausgegrenzten wahrnimmt
– morgen schon kannst Du es sein –
Doch: wenn die Not am Größten ist, Gottes Hilfe am
nächsten ist …
Vertraue Dich dem Glück des Jesus von Nazaret an,
der die Sehnsucht annimmt,
die größte Not
und dessen Empathie,
so ganz erfüllt vom Liebeswillen der lebendigsten Lebensenergie,
die den Erdball und alles was darinnen ist und darü
ber hinaus unendlich erfüllt,
dessen Empathie den armen Menschen zurück holt in die Liebe:
Ich will’s tun; sei rein!
Und mehr als ein Wunder geschieht,
mehr als diese einmalige Heilung.
Mehr geschieht hier:
Der unendliche Wert,
der unendliche Mehrwert von einem Leben mit Sinn wird hier gezeichnet.
Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren …
Der Geheilte soll ja schweigen.
Sich an die Ordnung der Alten halten.
Opfern wie ein Geheilter das nun einmal tun soll.
Aber er rennt los – ist es nicht typisch ? –
Er rennt los und erzählt es aller Welt.
Kommet zuhauf, Psalter und Harfe wacht auf,
lasset den Lobgesang hören
Und das ist irgendwie charmant,
dass der Retter der Welt ein so Begehrter wird.
Na geh, schau, der Hans ist gesund geworden.
„Der Gscherte“. Wie soll das gehen?
Die Neugier treibt das Volk.
Soweit so gut.
Das große Aber kennen wir nicht nur aus den Biblisc
hen Schriften.
Das Schöne, das sehr Schöne an dem Evangelium ist,
dass es Menschen immer wieder angetrieben hat,
zu Sehnsuchtserfüllerinnen und Sehnsuchtserfüllern
zu werden
und Wünsche aus der Wahrheit in ihre Würde zu heben:
„Ganz sein – nicht zerstückelt leben
Heil sein – nicht zerstört
Heil machen – nicht kaputt machen
Hungern nach der Gerechtigkeit – nicht satt sein in
der Ungerechtigkeit
Authentisch leben – nicht bewusstlos-apathisch
In den Himmel kommen – nicht in der Hölle bleiben“.
Ich habe das wunderbar in den letzten Wochen im AKH
erlebt,
im Krankenzimmer meiner Verwandten.
Eine sehr schwere neurochirugische Operation hat sie dorthin gebracht –
Alles ist gut gegangen – so sehr bedankt –
Wir haben im Krankenzimmer mit einer lieben kurdischen Familie erleben dürfen,wie leicht wir für Augenblicke miteinander in den Himmel kommen.
Bewegende Gespräche über das Leben, unvergessen.
Einer der Söhne bedankte sich bei uns für die Freundschaft.
Wie schwer ein Wort wiegen kann!
Die Augen, wie sie Liebe sprachen …
Und wir miteinander Sehnsuchtserfüller,
die unsere Wünsche aus der Wahrheit in ihre Würde h
oben …
Und das Vetrauen auf einmal: Alles könnte doch bess
er werden …
Xavier Naidoo
„Alles kann besser werden
Holen wir uns den Himmel auf Erden
Alles soll besser werden
Holen wir uns den Himmel auf Erden
Alles wird besser werden
Wir holen uns den Himmel auf Erden
Und keiner muss sein Leben mehr gefährden
Einer der kostbarsten Schätze auf Erden
Ich will raus … hier
Doch ich weiß nicht, wie das gehen soll
Raus aus diesem … Revier
Doch ich weiß nicht, wie das gehen soll
Man sperrt mich hier in diesen Bezirk
Weil ich den Rest der Welt nicht sehen soll
Ich werde aus diesem Knast heraus spazieren
Wenn ich weiß, wohin ich gehen soll
Alles kann besser werden …
Auch wenn du jetzt bitterlich weinst
Bitte gib nicht auf
Auch wenn du grad das Leben verneinst
Bitte gib nicht auf
Auch wenn du dir verstorben scheinst
Bitte gib nicht auf
Auch wenn alles verdorben scheint
Gib nicht auf
Alles kann besser werden
Holen wir uns den Himmel auf Erden …“
Wonach sehen sich die Menschen?
Es ist der Wunsch, ganz zu sein!
Glaube an ihn, der Dich heil und ganz macht,
der das Ziel aller Sehnsucht ist!
Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren!