Julia Schnizlein – seit 1. September 2020 Pfarrerin unserer Gemeinde
Unsere Tochter Elsa war erst wenige Minuten alt, als sie von Pfarrerin Dr. Ines Knoll auf der Intensivstation des Wiener AKH getauft wurde. Es war der Beginn ihres steinigen, manchmal sehr schmerzhaften und trotzdem so wunderbaren und hoffnungsvollen Lebens mit nur einem halben Herzen. Meiner Tochter verdanke ich es, dass ich seit September in der Lutherischen Stadtkirche als Pfarramtskandidatin tätig sein darf. Denn ihr Dasein hat mich wieder auf das zurückgeworfen, was wichtig ist im Leben. Auf das, was uns trägt: Das Grundvertrauen in unseren Schöpfer. Sein Ja zu uns. Der Glauben daran, dass er uns begleitet und dass er uns hält. Selbst dann, wenn er uns unheimlich weit weg zu sein scheint.
Elsas Geburt führte mich auf jenen Weg zurück, den ich eigentlich seit meiner Kindheit gehen wollte: Den ins Pfarramt. Mein Theologiestudium hatte ich schon viele Jahre zuvor in Heidelberg und Amsterdam absolviert. Doch mit 25 Jahren fühlte ich mich damals zu jung, um Pfarrerin zu werden. Während eines einjährigen Praktikums im Deutschen Bundestag und beim deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau im Referat für Kirchen, Kultur und Medien hatte ich meine zweite Leidenschaft – die Pressearbeit entdeckt. Also absolvierte ich nach dem Theologiestudium noch ein Journalismus-Aufbaustudium in Wien, arbeitete dann viele Jahre lang bei der APA – Austria Presse Agentur und anschließend beim Magazin News als Journalistin. Über diesen Beruf lernte ich auch meinen Mann kennen, den ich vor neun Jahren in der schönen Stadtkirche im Rahmen eines Sonntagsgottesdienstes heiraten durfte. In diesem Gottesdienst ließen wir auch unsere ältere Tochter Helene taufen.
Dass ich nun, nach meinem Vikariat in der Pfarrgemeinde Wien Währing und Hernals, in der Dorotheergasse, meiner „Herzensgemeinde“ arbeiten darf, erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit. Ich freue mich über diese wundervolle Aufgabe und auf viele fröhliche, nachdenkliche und sicher auch manch traurige Momente mit Ihnen.
Kirchengemeinde ist für mich ein Ort, der Heimat geben kann. Ein Ort, an dem Menschen willkommen sind, an dem sie gesehen und empfangen werden, egal was sie sonst in ihrem Leben sind und leisten. Ein Ort, an dem man aushalten kann, dass der, der neben einem sitzt, nicht die gleiche politische oder weltanschauliche Einstellung hat, wie man selbst.
Aber natürlich erlebe ich auch, dass christliche Sozialisation und Kirchenbindung – vor allem in der Großstadt nachlassen. Zwar haben die meisten Menschen eine große Sehnsucht nach Spiritualität, nach Sinn, Halt und Trost. Nur kommen viele nicht mehr auf die Idee, diese Sehnsucht in der Kirche zu stillen.
Das bedaure ich, weil ich glaube, dass gerade die Bibel so viele Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens hat. Weil sie eben kein verstaubtes Buch ist, sondern der Ratgeber aller Ratgeber. Wort Gottes, Zeugnis von Gotteserfahrungen und Richtschnur für gutes, erfülltes Leben.
Mein Anliegen ist es, Menschen mit diesem Buch und seiner Botschaft in Kontakt zu bringen. Und wenn die Menschen dazu nicht in die Kirche kommen, dann muss die Kirche eben zu den Menschen kommen. Sie muss auch dort präsent sein, wo sich die meisten Menschen täglich aufhalten: Im Internet. Daher bin ich auch ein großer Fan von #DigitaleKirche und versuche selbst auf sozialen Medien wie Facebook und Instagram (#juliandthechurch) Menschen zu erreichen, die sonst mit Kirche nicht in Berührung kommen würden. Genauso wie mit meiner zweiwöchentlichen Kolumne in der Krone Bunt unter dem Titel „Im Gespräch“.
Ich freue mich, wenn Sie mich lesen – und noch mehr, wenn wir uns hoffentlich einmal in der Dorotheergasse begegnen.
Ihre Julia Schnizlein
Instagram: https://www.instagram.com/juliandthechurch/
Mailadresse: julia.schnizlein@stadtkirche.at