Partnerschaft Brünn – partnerství Brno
Nach zwei Jahren coronabedingter Pause gab es am 29. Oktober endlich wieder ein Treffen mit unserer Brünner Partnergemeinde, diesmal bei uns in Wien. Pfarrer Martin Hórak hielt die Predigt, und im Anschluss gab es im Raum der Begegnung regen Austausch — bei Käsespätzle und Salat.
Das Projekt Projekt “Partnerschaft – partnerství Wien I – Brno II” hat das Ziel, Brücken zu bauen.
Durch persönliche Begegnungen von Menschen aus Österreich und aus Tschechien sollen die auf beiden Seiten vorhandenen Gräben einer belastenden Vergangenheit mit gegenseitigem Vertrauen und mit Achtung aufgefüllt werden.
Die Partnerschaft entstand unmittelbar nach der „samtenen“ Revolution in unserem nördlichen Nachbarland (November/Dezember 1989) im Frühjahr 1990. Das Ziel war damals, einer „glaubensverwandten“ Pfarrgemeinde Tschechiens auf dem Weg aus der verschlossenen Vergangenheit in eine freiere Zukunft zu helfen. Gleichzeitig öffnete sich uns ein Fenster in die durch Jahrzehnte versperrte Welt unserer nächsten Nachbarn!
Es hat bisher jedes Jahr zwei bis drei gemeinsame Veranstaltungen gegeben, mal bei uns in Wien bzw. in Österreich, mal in Brno bzw. in Tschechien. Dabei lernten wir einander immer näher kennen und aus diesen ersten Begegnungen entwickelten sich in den letzten Jahren zwei Schwerpunkte,
einmal die auf beiden Seiten belastete Vergangenheit ernst zu nehmen und aus diesem Wissen heraus „Versöhnung zu leben“ und zum anderen entdeckten wir den Wert des gemeinsamen Lesens in der Bibel in zwei Sprachen!
Die Tschechische Republik ist nun auch Mitglied in der Europäischen Union und wir könnten uns zufrieden zurück lehnen und sagen „jetzt sind sie gleichberechtigte Partner, das Projekt „Partnerschaft-partnerství“ hat ausgedient!“
Wer die Entwicklung in Österreich, in der Europäischen Union, in Europa, in der Welt an Hand der uns täglich erreichenden Nachrichten miterlebt, wird feststellen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch in Europa Terror zur Durchsetzung von Interessen nicht ausgeschlossen werden kann. Die Verdrossenheit der Menschen an der Politik nimmt zu, die Zahl der Arbeitslosen und der aus verschiedensten Gründen Ausgegrenzten steigt, am Horizont der Wirtschaft zeigt sich keine wirklich helle Morgenröte.
Der Ökumenische Rat der Kirchen hat für die Jahre bis 2010 eine „Dekade zur Überwindung der Gewalt“ ausgerufen. Christliche Pfarrgemeinden sollten ja – nach den Schriften des Neuen Testaments – „Treffpunkte“ des Salzes, des Sauerteigs für die Welt sein! Diese Pfarrgemeinden sind schon heute weltweit vorhanden, was ihnen fehlt, ist ein tragfähiges Netz, das sich von Gemeinde zu Gemeinde spannt.
Ich denke, das Projekt „Partnerschaft-partnerství Wien I – Brno II“ ist solch ein kleines Beispiel eines weltweit verbundenen Netzes christlicher Gemeinden gegen Ausbeutung und Gewalt, eines Netzes für die Schwachen, Ausgegrenzten und Hoffnungslosen in unserer Gesellschaft.
Wir nennen uns gerne die evangelische „Urpfarre Wiens“ und freuen uns, dass durch „Zellteilung“ alle anderen Pfarrgemeinden der Diözese Wiens entstehen konnten. Vielleicht könnte unsere Gemeinde in Zukunft mit dem Projekt „Versöhnung leben“ für alle Gemeinden der Wiener Diözese zum Thema „Gewalt überwinden“ einen Beitrag leisten, aber wie?
Wer je einen Stein in einen Teich geworfen hat, konnte erleben wie rasch und weit sich die Wellenkreise ausbreiten. Es braucht nicht viel, um einer fremden Gemeinde Kommunikation und Partnerschaft anzubieten! Es genügt, einen Stein ins Wasser zu werfen….! Wenn das einige, ja viele Gemeinden tun, könnten sich diese Gemeinden gemeinsam auf den Weg machen und angesichts drohender Gewalt „Versöhnung leben“. Ein ganzes Netz von Partnerschaften zwischen Pfarrgemeinden quer durch Österreich und Europa könnte ein wirksamer Schutz und ein effektives Mittel sein, einer bedrohlich aussehenden Zukunft verändernd und versöhnend zu begegnen!